VISUELLES TAGEBUCH EINES REISENDEN – INDIEN 2024
MUMBAI – DIE HÖHLEN VON ELLORA UND AJANTA
Am 29.12.2023 startete unsere Reise nach Indien. 3 Monate liegen vor uns. Wir landeten am 30.12. mitten in der Nacht in der Megametropole Mumbai. Da ich schon über 20 mal in Indien war, kam es mir vor, wie nach Hause zu kommen.
In Mumbai blieben Christine und ich 6 Tage. Gleich am 1. Januar traf ich mich mit Stefan, einem alten Schulfreund und seiner Familie in der Stadt. Stefan arbeitet schon über 6 Jahre in der Bankbranche und lebt in dem Stadtteil Lower Parel, einer eher wohlhabenden Gegend. Kaum ein paar Strassenzüge weiter das andere Extrem. Verarmte Gegenden wo die Menschen teilweise nur in Lumpen herumlaufen. Ganz zu schweigen von dem Dreck, der sich durch die Strassenzüge aber auch an der Stadtküste langzieht. Zu dieser Jahreszeit kommt dazu, dass ganz Mumbai unter einer Dunstglocke von Smog versinkt – den Horizont kann man nicht erkennen. Er verschwimmt im Nichts. Immerhin gibt es aber seit vielen Jahren eine Mittelschicht von ca. 800 Millionen Menschen, von denen sich die Hälfte davon mittlerweile auch ein Auto leisten können. Indiens Population beträgt derzeit 1,4 Milliarden Menschen. Am meisten beeindruckt hat mich der Hafen, den ich früh morgens aufsuchte um die Fischer zu fotografieren, die tonnenweise Fisch von ihren Booten luden. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Noch immer fahren die Fischer mit ihren uralten Booten zur See und schieben die Ausbeute per Hand in einer Holzkarre zum Kunden. Aber auch die Wäschereien. Seit hunderten Jahren ist es immer noch üblich, die Wäsche für grosse Hotelketten und Airlines mit der Hand in großen Betontrögen zu waschen. Das alles macht einem sehr nachdenklich.
Nach 6 Tagen Mumbai nahmen wir einen 7 stündigen Zug Richtung Osten nach Aurangabad, von dort aus ging es dem Localbus weiter zu den Höhlen von Ellora und Ajanta. Beide Höhlen sind vor hunderten Jahren von Menschenhand in den Fels gehauen. Es sind die ältesten Buddha und Hinduhöhlen Indiens und befinden sich im Bundesstaat Maharashtra. Endlich ging mein Traum in Erfüllung – zu den mittlerweile UNESCO Weltkulturerbe-Stätten wollte ich schon vor über 30 Jahren hin. Ich und Christine waren so dankbar, dort zu sein. Und die Reise geht weiter…..gen Süden….
HAMPI
Mittlerweile sind schon 2 Wochen von unserer Reise vorbei. Christine und ich stiegen in Jalgaon in den Nachtzug, der uns in das 900 km südlich gelegene Adoni brachte. Nach einer durchgerüttelten 13-stündigen Nachtfahrt haben wir uns dann doch entschieden ein Taxi nach Hampi zu nehmen, was nochmals 3 Stunden bis zur Ankunft dauerte (ansonsten wären wir 7 Stunden mit dem Bus unterwegs gewesen). Relativ rasch fanden Christine und ich für 20 € eine saubere Unterkunft in einem Guesthouse. Kish, der Hauswirt hat uns freundlich in Empfang genommen und uns in aller Ruhe erklärt, was im Ortzur Zeit so los ist. Hampi ist eine historische Stätte im Bundesstaat Karnataka welche früher die Hauptstadt des letzten hinduistischen Königreiches der Vijayanagar war. Die Ruinen der Stadt liegen in einer bizarren Felsenlandschaft eingebettet und über 26 Quadratkilometer in alle Himmelsrichtungen verstreut. Zur Blütezeit im 15. Jahrhundert lebten in Hampi eine halbe Million Menschen. Seit 1986 gehört die archäologische Stätte zum Weltkulturerbe der UNESCO. Durch das trockene und staubige Gebiet zieht sich der Tunghabhadra-Fluss wo die dort lebenden Menschen und die vielen Pilger regelmäßig rituelle Waschungen vornehmen. Genau in den 6 Tagen, als wir in Hampi waren, fand für 2 Tage ein grosses religiöses Fest statt, wo tausende Pilger von überall her kamen. Für jeden Gläubigen ist es ein MUSS in den Virupaksha-Tempel zu gehen um sich dort den Segen von dem Shiva-Schrein zu holen. Ich war zum 3. mal in Hampi und werde es nie missen wollen, tolle Bekanntschaften mit Einheimischen aber auch anderen Traveller gemacht zu haben, vor allem ist es aber die Landschaft, die einem in den Bann zieht – Hampi ist allemal eine Reise wert – auch wenn es teilweise beschwerlich ist, erst mal dort hinzukommen.
GOA & DIE KÜSTE VON KARNATAKA
Nach einem erlebnisreichen, kulturellen Aufenthalt im Landesinneren Indiens ging es mit dem Nachtbus in den Norden von Goa. In Arambol war ich schon sehr oft. Das ist aber über 25 Jahre her. Es hat sich vieles verändert. So wie sich die Welt eben verändert. Landschaftlich gesehen ist Goa immer noch ein Juwel an der Westküste Indiens. Nur der Tourismus hat sich stark geändert. Viele indische Mittelständler reisen von überall her mit ihren SUVs und Bussen an die Küste. Das gab es damals vor 30 Jahren noch nicht. Damals waren es tatsächlich nur weisse Hippies und ein paar reiche Inder, die die Küste belagerten. Nun denn…Christine und ich haben trotzdem unseren Platz zur Entspannung gefunden. Nachdem wir eine schöne Zeit in Arambol verbrachten, ging es für ein paar Tage nach Anjuna-Beach und dann weiter mit dem Bus nach Gokarna in den Norden von Karnataka. Am Busterminal sahen wir, wie die Busfahrer ihre Lenkpausen einlegten. Sowas wäre in Deutschland undenkbar. Gokarna ist eine kleine Stadt wo man eigentlich gar nicht bleibt sondern 6 km weiter an den OM-Beach weiterzieht. Dort angekommen fühlt man sich gleich wieder 30-40 Jahre in die Zeit des Hippie-Lebens zurückversetzt. Vereinzelt stehen dort kleine Häuschen mit Veranda, die man für 9 Euro mieten kann. Alle 2-300 Meter findet man ein kleines Restaurant, die köstlichen Fisch, Garnelen und vegetarische Gericht für ein paar Rupien zubereiten. Nur ein paar wenige Touristen waren an dem Beach. Alle so um die 20-25 Jahre alt. Christine und ich mussten manchmal schmunzeln, denn die Jungs und Mädels am Beach hätten alle unsere Kinder sein können 🙂 Ich fühlte mich wie in die alten Zeiten zurückversetzt. Die Sonne geht direkt über dem Meer unter. Abends am Palmenstrand zu sitzen, im warmen Sand…mit einer kalten Flasche Kingfisher-Beer. Was will man mehr?!
KERALA
Kerala ist ein indischer Bundesstaat an der tropischen Malaber-Küste am Arabischen Meer. Kaum haben wir Cochin, ein malerisches Städtchen an der südindischen Küste erreicht, bekam man den Duft von Gewürzen und anderen Köstlichkeiten in die Nase. Kerala ist dafür bekannt, die besten Gewürze Indiens anzubauen. Das scharfe Kerala-Curry enthält neben den klassischen Zutaten wie Koriander, Kurkuma, Cardamon, Kreuzkümmel, Zimt usw. auch das gemahlene Fenchelsaat. Hier geht einem kulinarisch das Herz auf, egal ob Fisch, Garnelen, Hähnchen oder vegetarische Gerichte…für jeden ist was dabei. Nach Cochin zog es schon seit dem 13. Jahrhundert arabische, chinesische und europäische Händler. Deswegen sieht man auch noch sehr schöne Kolonialbauten und die berühmten chinesischen Fischernetze, die seit hunderten von Jahren immer noch per Handarbeit betrieben werden und nicht wenig Fische damit gefangen werden. Mindestens 5-6 Mann sind mit dem Absenken und Anheben des Fischernetzes beschäftigt. Ich verbrachte viele Stunden mit den Fischern meinst am Vormittag, da nur bei Flut gearbeitet werden konnte. Nachmittags ließ ich mich stundenlang durch die Stadt treiben, hinter jeder Strassenecke gab es was neues zu entdecken. Nach ein paar Tagen zogen Christine und ich weiter Richtung Süden und erreichten eine schöne Unterkunft in den zerklüfteten Backwaters von Kerala. Die Backwaters sind ein verzweigtes Wasserstraßennetz. Sie erstrecken sich von Cochin bis Kollam auf einer Fläche von 1900 Quadratkilometer. Die Backwaters werden intensiv landwirtschaftlich genutzt, wie der Anbau von Kokospalmen, Kautschuk, Reis und Cashewbäumen. Daneben hat der Fischfang eine sehr grosse Bedeutung. Egal ob mit Bus, Zug, Boot, Rikschas…wir waren mit allem unterwegs, das uns weiterbrachte. Nach sehr schönen Tagen in den wunderschönen Backwaters erreichten wir Alleppey, ein Städtchen am unteren Teil des Vembanad See, wo auch die ganzen Hausboote geparkt werden, bevor sie für teures Geld an Touristen vermietet werden. Aus dieser Nummer waren Christine und ich allerdings draussen und sind lieber dafür geil Essen gegangen. Die Reise geht weiter gen Süden – über Kollam nach Varkala.
KOLLAM – VARKALA -KANYAKUMARI
Nachdem wir die Backwaters in Kerala verlassen haben, sind wir in dem kleinen Küstenstädtchen Kollam gelandet. Unser Hotel befand sich direkt am Beach und wir bewohnten ein schönes Zimmer in der 7. Etage mit Blick aufs Meer. Ich war am nächsten Morgen relativ früh wach und sah am Beach viele Fischer, wie sie händisch ein grosses Netz an Land zogen. Gleich spurtete ich runter und begann zu fotografieren. Die Menschen hier in Südindien sind sehr aufgeschlossen – somit konnte ich sehr „nahe“ Bilder machen. Nachdem wir schon wochenlang unterwegs sind haben Christine und ich beschlossen, auf unserer Arbeitsreise auch mal einen schönen Urlaub einzulegen. Und wo kann man das besser machen, als in Varkala. Dieser Ort befindet sich an der Küste im Süden von Kerala. Ich habe Varkala schon vor über 30 Jahren besucht. Natürlich hat sich viel verändert. So wie überall auf dem Planeten. Wir bezogen einen wunderschönen Bungalow direkt auf den Klippen. Und endlich gab es mal wieder was westliches zu essen. Nebst Pizza und Pasta haben wir uns auch die Bäuche mit leckerem Fisch und Garnelen vollgeschlagen und verbrachten eine ganze Woche in diesem schönen Ort. Varkala ist perfekt für Rollertouren entlang der Küste aber auch zum Baden gehen direkt unterhalb der Klippe. Die letzte Etappe dieser Serie war dann Kanyakumari. Dieses kleine Städtchen liegt schon im Bundesstaat Tamil Nadu und ist der südlichste Ort Indiens. Zugleich ist diese Stadt ein Wallfahrtsort wo die Pilger schon ab morgens um 4 Uhr in den Tempel strömen. Im Meer finden rituelle Waschungen statt, fast alle Inder gehen mit voller Montur ins Wasser. Das sieht machmal sehr witzig aus, wenn sich die Saris der Frauen im Wasser aufplustern. Hauptsache alle haben ihren Spass – wir auch.
DIE TEMPELSTÄDTE IM SÜDEN INDIENS
In einer 7-stündigen Fahrt von Kanyakumari erreichten wir vor ein paar Wochen mit dem Zug die Tempelstadt Madurai . Sie ist über 2000 Jahre alt und zugleich eine der ältesten Städte Südasiens. Die Stadt liegt im Südwesten Tamil Nadus und beherbergt viele aufragende Tempel. Der grösste davon ist der Minaksi-Tempel mit seinen vielen Türmen und dominiert das Stadtbild Madurais. Über eine Woche verbrachten Christine und ich in der pulsierenden Stadt. Von dort aus ging es mit dem Taxi 300 km weiter Richtung Osten nach Pondicherry. Dieser Ort ist wie der Name schon klingt eine Stadt aus der Kolonialzeit. Sie kam im 17. Jahrhundert unter französische Herrschaft und blieb bis in die 1950er die Hauptstadt Französisch-Indien. Noch heute ist der Einfluss spürbar – ein tolles Stadtbild am Golf von Bengalen, wo man hemmungslos Croissants, Käsebaguettes und Coq au Vin verspeisen kann. Was für eine Wohltat nach über 2 Monaten scharfe Linsen, Reis und Gemüse. Die vorletzte Stadion unserer Südindien-Reise war Tiruvannamalai. Auch hier befinden sich majestätische Tempelanlagen, wo die Türme bis in den Himmel ragen. Diesen Pilgerort habe ich mir deswegen ausgesucht, da am 08. März das Shivaratri Festival in ganz Indien stattfand und an bestimmten Orten unzählige Sadhus (heilige Männer, aber teilweise auch Frauen, die nach dem asketischen Prinzip leben) zusammenkommen. In Tiruvannamalai kamen aber tausende von Menschen aus Anlass des Festes und umrundeten barfuß die über 14 km lange Pilgerstrecke indem sie den Berg Arunachal umrundeten. Last Stop im Süden war die Weltkulturerbenstadt Mamallapuram, die am Golf von Bengalen liegt. Hier ist die Zeit noch stehen geblieben. Unzählige Fischer fahren in ihren alten Booten täglich zur See, um Fische, Garnelen und Tintenfische zu fangen. Lohnenswert war der Besuch von den 1200 Jahr alten Ruinen, die im Hinterland verstreut aufzufinden sind. Ganz toll sind die Steinmetz-Arbeiten, die an den alten Tempeln hinterlassen worden sind. Noch heute ist der kleine Ort für seine Steinbildhauerei bekannt. Seit ein paar Tagen befinden Christine und ich uns in Neu-Delhi, da von hier aus der Flieger gen Deutschland startet. Wir waren so froh, diese 3-monatige Reise gemacht zu haben – Indien lehrt einem das Leben, ob man will, oder nicht.